Förderschullehrerin Barbara Hippler berichtet von den Herausforderungen autistischer Schüler*innen im Schulalltag. Überstimulation und sensorische Reizüberflutung führen oft zu stereotypem Verhalten und Konzentrationsschwierigkeiten. Die Erfahrungen zeigen, wie wichtig angepasste Lernumgebungen sind.
Überstimulierung und stereotype Verhaltensweisen
Meine Schüler*innen aus der Primarstufe sind häufig mit einer Überstimulierung der auditiven und visuellen Reize überfordert und reagieren dann in der Klasse mit stereotypen Verhaltensweisen, wie auf dem Stuhl wippen, Brille auf- und absetzen, Geräuschen oder sozial unangemessenem Verhalten gegenüber Mitschüler*innen. Dies führt zu negativen Rückmeldungen und vielen Ermahnungen durch die Lehrkräfte und einer Abweisung durch die anderen Mitschüler*innen.
Trubel und Pausenzeiten
Christine Preißmann, eine deutsche und autistische Ärztin und Autorin beschreibt die Reizüberflutung in der Schule so: „Die Lautstärke und der Trubel im Klassenzimmer waren manchmal unerträglich. Ich konnte mich kaum auf den Unterricht konzentrieren.“ Besonders die Pausenzeiten, die viele Kinder als Erholung empfanden, waren für sie oft eine Zeit der Überforderung.
Klarheit, Struktur, Leitung und Rückzugsmöglichkeiten
Schüler*innen aus der Primarstufe wünschen sich Klarheit und Struktur auch in den Pausenzeiten, geleitetes gemeinsames Spiel, aber auch Rückzugsmöglichkeiten.
Soziale Kontakte, Respektlosigkeit und ständige Änderungen
In der Sekundarstufe sind meine Schüler*innen häufig mit folgenden Schwierigkeiten konfrontiert. Meine Schülerin Lena (Name wurde geändert), 16 Jahre alt, mit Asperger-Syndrom, beschreibt den Wechsel in eine neue Schule wie folgt:
„In der neuen Schule habe ich mein Bestes gegeben, aber trotzdem überhaupt keinen sozialen Kontakt knüpfen können. Es war auch sehr schwer mit den Mitschüler*innen umzugehen, da es nicht viel Respekt gegenüber den Lehrer*innen oder der Schule gab. Deshalb war es oft sehr laut, die Struktur war nicht da.
Für jedes Fach gab es einen anderen Raum, die Tische haben sich andauernd bewegt und die Klassengruppe war jedes Mal eine andere. Dies hat mir sehr zu schaffen gemacht. Da die Lehrer*innen und alle anderen an der Schule das als normal empfunden haben und meinten „da kann man nichts machen“, werde ich nun an eine andere Schule wechseln.“
Isolation statt Zugehörigkeit
„Ich hatte das Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören. Die anderen Kinder schienen eine Sprache zu sprechen, die ich nicht verstand“, berichtet Christine Preißmann aus ihrer Schulzeit. Sie konnte soziale Regeln und Zwischentöne oft nicht richtig deuten, was sie isolierte.
Sensibilisierung, Verständnis, Unterstützung und passende Bedingungen
Eltern und autistische Schüler*innen wünschen sich Verständnis und Unterstützung von den Lehrkräften und ihrer Umwelt. Mit einer Sensibilisierung der Lehrkräfte kann dies erreicht werden und passende Bedingungen für autistische Menschen geschaffen werden, damit sie ihr volles Potenzial ausschöpfen können.