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Handbuch fir Autismus a
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Autismus in der Grundschule: Erfahrungen einer Lehrerin (Teil 1)

Illustration von drei Lego Steinen

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HASILUX sprach mit Anne Bernabeu, Lehrerin seit 18 Jahren im Zyklus 1 der Grundschule, über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zur Inklusion autistischer Kinder in der frühen Bildung. In diesem ausführlichen Interview teilt sie praktische Ansätze, Herausforderungen und Erfolgsgeschichten aus ihrer täglichen Arbeit bei der Unterstützung autistischer Kinder in Regelklassen.


Erfahrungen im Grundschulunterricht

Können Sie uns beschreiben, welche Maßnahmen im Kindergarten gut funktionieren?

Im Kindergarten können wir im Allgemeinen flexibel mit den Aktivitäten sein. Die Anweisungen sind dort weniger streng, und die Kinder haben viel Freiheit bei den verschiedenen Aktivitäten. Besonders bei Bastelaktivitäten ist es einfach, individuelle Anpassungen vorzunehmen. Die Kinder können freier malen oder basteln, was dann gut funktioniert.

Was sind die größten Herausforderungen, denen Sie bei der Begleitung von autistischen Kindern in der Grundschule begegnen?

Die größte Herausforderung ist es, eine Klasse mit 15-16 Schülern plus einem autistischen Kind zu führen, das eine 1-zu-1-Betreuung benötigt. In unserer Schule bekommen wir maximal 6-8 Stunden pro Woche eine zweite Lehrkraft in die Klasse. Das bedeutet, dass eine Lehrperson bis zu 20 Stunden allein ist. Das ist wirklich nicht einfach zu bewältigen.

Man muss einen Mittelweg finden, und trotzdem kann man das Gefühl bekommen, seine Arbeit nicht gut genug zu machen, weil man entweder die Gruppe oder das autistische Kind „vernachlässigt“. Die Momente, in denen man zu zweit ist, also eine Assistenz in der Klasse hat, sind sehr wertvoll, und man versucht, diese Stunden maximal zu nutzen, um effektiv zu arbeiten. Für das Lehrpersonal sind manche tägliche Situationen oft aufreibend und anstrengend, und man kann sich auch mal allein fühlen und an seine Grenzen kommen.

Wie gestalten Sie die Kommunikation mit den Eltern autistischer Kinder?

Im Kindergarten haben wir drei Bilanzen, also drei Mal im Jahr, wo wir die Eltern treffen. Bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen gibt es häufiger einen Austausch. Man muss in seiner Kommunikation mit den Eltern auch versuchen, mehr Feedback darüber zu geben, wie es in der Schule läuft. Aber im Großen und Ganzen läuft es wie bei den anderen Eltern auch – man hat einen regelmäßigen Austausch. Zu der Kommunikation mit den Eltern gehört auch, dass wir die anderen Eltern informieren müssen, dass ein autistisches Kind in der Klasse ist, und das ist nicht immer einfach.

Zusammenarbeit

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften, der ESEB und anderen Akteuren?

Ich hatte persönlich noch keine Klasse, in der eine ESEB (Encadrement et prise en charge des élèves à besoins spécifiques dans l’enseignement fondamental) Person dabei war.

Ich höre von Arbeitskolleg*innen, dass es da sehr unterschiedlich läuft. Wir hatten auch Fälle, wo es wirklich schwierig war. Es geht der Lehrkraft darum, so viel wie möglich Hilfe bei der Begleitung des Kindes und bei den Anpassungen zu bekommen, damit das Kind wie die anderen vom Unterricht profitieren kann.

Wenn die Person vom ESEB zum Beispiel krank ist, wird sie nicht ersetzt, das ist eine Schwierigkeit. Die Kommunikation läuft aber soweit ich gehört habe gut zwischen den Lehrkräften und den ESEB Teams.

Welche Weiterbildungsmöglichkeiten würden Ihrer Meinung nach dem Grundschulpersonal am meisten helfen?

Was die Weiterbildung angeht – beim ifen gibt es sehr viele Fortbildungen, ich habe auch schon einige zum Thema Autismus mitgemacht, die sehr interessant waren. Da kann man wirklich viel dazulernen. Mir fallen jetzt direkt keine anderen Stellen ein, wo man sich noch zu diesen Themen weiterbilden könnte.

Welche Ressourcen fehlen aktuell den pädagogischen Teams, um autistische Kinder besser zu begleiten?

In unserer Schule hatten wir zum Beispiel noch keinen Wickeltisch. Der musste gekauft werden. Das ist allerdings eine Ressource, die für jedes Kind genutzt werden kann. Der Schulhof war auch nicht ganz geschlossen, und ein Kind ist immer vom Schulgelände weggelaufen, und wir mussten dem Kind nachlaufen, damit es nicht auf die Straße geht.

Für bestimmte Maßnahmen hat es über ein Jahr gedauert. Im Allgemeinen finde ich aber, dass es die Personalressourcen sind, die fehlen, mehr als die materiellen Ressourcen.

Mögliche Verbesserungen

Welche Empfehlungen würden Sie einer Lehrkraft geben, die zum ersten Mal ein autistisches Kind in ihrer Klasse hat?

Sich weiterzubilden ist immer eine gute Idee. Sehr wichtig ist der Austausch mit anderen, die schon ein autistisches Kind in der Klasse hatten. Und das pädagogische Team, also die Kolleg*innen können sich gegenseitig wirklich helfen und Erfahrungen austauschen.


Im zweiten Teil des Interviews spricht Anne darüber, wie sie an Diagnose und Unterstützung herangeht, mit Familien zusammenarbeitet und den Schulalltag für autistische Kinder strukturiert

Aus dem Luxemburgischen übersetzt